Saqifa Numani
bzw. Saqifa Bani Saad, oder im Deutschen oft auch als Sakifa bekannt,
ist ein Ort in
Medina, der für
einen der traurigsten Kapitel der islamischen Geschichte
steht. An dem Ort versammelten sich unmittelbar nach dem
Ableben des
Prophet Muhammad (s.) ein
Anzahl seiner
Gefährten und
stritten sich um die Nachfolge.
Prophet Muhammad (s.) hatte kurz vor seinem
Ableben fast allen namhaften
Gefährten bis auf
Imam Ali (a.)
befohlen unter dem Kommando von
Usama ibn Zaid zu einem
Feldzug auszurücken und
Medina
zu verlassen. Weder
Umar
ibn Chatab noch
Abu Bakr
noch irgend ein anderer in Saqifa anwesender
Gefährte hatte diese
Anordnung befolgt.
Beim
Ableben des
Propheten Muhammad (s.) was
Abu Bakr dennoch nicht
anwesend sondern an einem Ort namens Sukh.
Umar ibn Chatab stellte
sich hingegen vor die Tür des Hauses des
Prophet Muhammad (s.), schwang
sein Schwert und drohte jedem an, der behaupte, dass
Prophet Muhammad (s.)
gestorben sei, ihn zu töten. Damit verhindert er auch, dass
irgendjemand zu
Imam Ali
(a.) gelangen konnte, um ihm den
Treueid zu schwören.
Imam Ali (a.) befand
sich im Haus und führte die
rituelle Vollkörperreinigung des Verstorbenen durch, die
bei allen
Propheten aller
Zeiten jeweils von ihren Nachfolgern durchgeführt wurden.
Dieses Ereignis wird von
Sunniten
auf die besondere Trauer zurückgeführt, die
Umar empfand und trotzt Offensichtlichkeit, es nicht
akzeptieren wollte.
Schiiten
hingegen akzeptieren das Argument nicht, da
Umar erst wenige Jahre zuvor zu denen gehörte, die bei der
Schlacht von
Uhuddas
Ableben des
Propheten Muhammad (s.)
behaupteten, obwohl er noch am Leben war.
Als
Abu Bakr vom
Ableben hörte ritt er eilends
nach Medina. Er erreichte das
Haus des
Propheten (s.) und
bestätigte sein
Ableben.
Zusammen mit
Umar ibn
Chatab und
Abu Ubaida ibn Dscharra eilte er nach Saqifa, wo sich einige
Auswanderer und
Helfer versammelt hatten und um
die Nachfolge stritten, wobei jede Gruppe die Nachfolge selbst
erhalten wollte.
Die Helfer hatten Sad ibn Ubaida als Nachfolger nominiert.
Die
Auswanderer hatte keine
prominenten Vertreter in der Versammlung bis
Abu Bakr und
Umar ibn Chatab
zusammen mit
Abu Ubaida ibn Dscharra den Versammlungsort
erreichten. Als diese ankamen argumentierten die
Helfer, dass sie den Fortbestand
des Islam erst ermöglicht hätten
und daher das Anrecht auf die Nachfolge hätten. Daraufhin
hielt
Umar ibn Chatab
eine flammende Rede über die Vorzüge der
Auswanderer und pries
insbesondere die
Quraisch im
Allgemeinen und die mit ihm eingetretenen
Abu Bakr
und
Abu Ubaida ibn Dscharra im besonderen. Daraufhin schlug er vor, einen der
beiden als Nachfolger anzunehmen.
Abu Bakr
unterstützte
Umar mit dem Argument, dass ei als Verwandte des
Propheten Muhammad (s.) eher das recht auf die Nachfolge
hätten, wobei er
Umar oder
Abu Ubaida ibn Dscharra als Nachfolger vorschlug.
Daraufhin soll
Abu Ubaida ibn Dscharra argumentiert haben, dass Abu Bakr
als
Gefährte bei der
Auswanderung den Vorzug hätte. Er legte seine Hand auf
diejenige
Abu Bakrs
und schwor ihm den
Treueid.
Umar tat es ihm gleich. Die anderen anwesenden
Auswanderer folgten. Nun forderte zunächst
Abu Ubaida und dann
Abdurrahman ibn Auf die
Helfer
auf, es ihnen gleich zu tun. Allerdings gab es unter den
Helfern widerstand, einerseits, weil sie selbst die Macht
nicht erhielten und andererseits, weil sie mit den nominierten
nicht einverstanden waren.
Als Antwort drauf stand Mundhir ibn al-Aqram auf und sagte,
dass es keinen Widerspruch gäbe, wenn eine bestimmte Person
nominiert werden würde und deutete auf den abwesenden
Imam Ali (a.), der die
Beisetzung des
Propheten Muhammad (s.) vorbereitete. Hubab schlug darauf
vor, dass es zwei Kalifen gäbe sollte, einen von den
Auswanderern und eine von den
Helfern. Doch der Vorschlag wurde von
Umar sofort zurückgewiesen.
Umar stand erneut auf beschwor seinen
Treueid und fragte die Anwesenden: "Wer will
Abu Bakr
ablehnen, wo ihn doch der
Prophet bevorzugt hat"; ein Argument, dass später von den
Umayyaden nachtäglich ausgeschmückt wurde. Obwohl gemäß
sunnitischer Lehre der
Prophet verstorben ist, ohne einen Nachfolger direkt oder
indirekt bestimmt zu haben, wird es hier als Argument von
Umar hervorgehoben und die Ereignisse von
Ghadir Chum ignoriert.
Tabari und viele andere Berichten, dass die
Helfer
in dieser Lage darauf bestanden, niemandem anderen den
Treueid zu schören außer
Imam Ali (a.). Der war aber genau so wenig anwesend wie
andere bekannte Persönlichkeiten wie
Talha
ibn Ubaidullah,
Zubair ibn Awwam so dass eine repräsentative
Zusammensetzung gar nicht vorhanden war. Nach den meisten
Geschichtsschreibern waren von den
Auswanderern ausschließlich
Umar ibn Chatab
,
Abu Bakr
und
Abu Ubaida ibn Dscharra anwesend, was viele vereinfachende
Darstellungen als "die
Auswanderer" zusammenfassen. Diese drei besaßen allerdings
keinerlei Mandat, die
Auswanderer zu repräsentieren und standen allesamt noch
unter dem Befehl von
Usama ibn Zaid, wenn sie dem Befehl des
Propheten Muhammad (s.) Folge geleistet hätten. Später
wurde argumentiert, dass dieser Befehl des
Propheten Muhammad (s.) mit seinem
Ableben ungültig wurde.
Obwohl
Prophet Muhammad (s.) bei der
Verbrüderung die
Auswanderer und die
Helfer
verbrüdert hatte und dabei
Imam Ali (a.) eine Sonderrolle zuwies, argumentierten
beide Gruppen in Saqifa mit reinen Stammesmachtansprüchen. Nie
zuvor gab es einen bekannten Fall, in dem die Anhänger eines
Propheten über die Nachfolge stritten, noch bevor der
Prophet begraben war und einer der Mitstreiter war zudem
einer derjenigen, der für das Ausheben der
Gräber
zuständig war:
Abu Ubaida ibn Dscharra, so dass Abdullah ibn Abbas, der
für das Grab zuständig war, andere Personen engagieren musste.
Für das Begräbnis selbst waren
Imam Ali (a.),
Abbas ibn Abd-ul-Mutallib, Fadhl ibn Abbas, Qutham ibn
Abbas und Schuqran in das Grab gestiegen; alles Personen, die
in Saqifa nicht anwesend waren. Bei der gesamten
Bestattungszeremonie, die parallel zu den Ereignissen in
Saqifa erfolgten, waren hingegen die nächsten beiden Kalifen
nicht anwesend.
Es bleibt unklar, wie es letztendlich dazu kam, dass auch
die
Helfer nicht weiter gegen das Kalifat
Abu Bakrs
protestierten.
Die Ereignisse galten allerdings als derart dramatisch und
warfen ein derart tragisches Bild auf manche
Gefährten, dass Jahrhunderte später der Gelehrte
Ghazzali mit einem
religiösen Rechtsurteil [fatwa] jegliche Diskussion über
Saqifa und die Ereignisse für
verboten [haram] erklärte. Das wiederum führte dazu, dass
der Begriff Saqifa Jahrhunderte lang in späteren
sunnitischen Geschichtswerken nicht auftauchte.
In Saqifa wurde der Grundstein gelegt für einen von
Menschen bestimmte Herrschaft und die offene politische
Spaltung zwischen den Anhängern
Imam Alis (a.), die
Schiiten
genannt werden, und deren Gegnern. Das aber waren zu jener
Zeit nicht die
Sunniten,
wie manche Schreiber fälschlicherweise bemerken, denn die sind
erst ein Jahrhundert später entstanden. Manche
Geschichtsschreiber gaben denjenigen, die in Saqifa anwesend
waren die Bezeichnung "Saqifiten" [saqifiyya].
Der in Saqifa von andern nominierte
Abu Bakr
bestimmte seinen Nachfolger selbst.