ZUR ERSTEN KAPITEL

Zweites Kapitel

Ein einmaliger Vorzug

Jemand, der in seinem Überzeugungsbild das Prinzip des Glaubens an die zukünftige Welt aufgenommen hat, wird neben anderen außergewöhnlichen Vorzügen auch in den Genuss des folgenden Privilegs gelangen:

Er spürt, dass seine Zukunft grundsätzlich von der Art sei­nes Verhaltens und Handelns abhängt und darauf aufbaut. Sein Handeln nimmt daher auf der Basis von Aufrichtigkeit und ohne Heuchelei Gestalt an. Ein solches Überzeugungsmoment verbes­sert nicht nur grundlegend die Qualität des Handelns, sondern fördert auch die quantitative Zunahme der guten Taten. Je stärker seine Überzeugung ist, desto höher wogt die aufrichtige Gesin­nung in ihm und erreicht einen Punkt, wo selbst die alltäglichste Handlung mit dieser lauteren Absicht verschmilzt.

Er erkennt: sein ganzes Handeln steht stets unter genauer Aufsicht. Was er auch tut, ob Gutes oder Schlechtes: Es wird al­les, aber auch alles, in seiner Akte registriert und im Archiv auf­bewahrt. Und es wird der Tag kommen, an dem sein Konto ganz präzise untersucht wird. Nichts, auch nicht das Heimliche, wird dem, der über ihn wacht, entgehen.

Doch auf der anderen Seite sehen wir den Menschen, bei dem wir sogar in der Tiefe seiner Seele noch vergeblich nach dem Glauben an den Tag der Abrechnung und Verrechnung suchen. Er blickt mit Ablehnung auf Wahrheiten, die am meisten einleuchten, weil er meint, in dieser Daseinsordnung würden die einzelnen Aspekte seines Verhaltens nirgendwo verbucht. Er glaubt, die Flammen eines Feuers, das er heute entfacht, werden ihn selber morgen nicht verbrennen? Glaubt, wenn er heute etwas Verwerfliches tut, bliebe er von den schlimmen Folgen am nächsten Tag verschont. So kommt es, dass die Wellen falscher Vorstellungen an ihm nagen, sein Auge verlangend nach allem möglichen Niedrigen ausspät, während er nur einen müden Blick für die wertvollen hohen Eigenschaften übrig hat, die eine lautere Seele besitzt. In einem solchen Gedankensystem wird es keine Zukunft geben, die ihn, selbst wenn er etwas Großartiges und Verdienstvolles tut, gebührend würdigt, denn die Zukunft, die er sich vorstellt, ist auf beiden Augen blind und ohnehin sinnlos. Daher nimmt dieser Mensch sich das Recht heraus, den Tugenden und wertvollen menschlichen Empfindungen gegen­über gleichgültig zu bleiben, und die Privilegien des Mensch­seins Beiseitezustellen.

Wenn ein solcher Mensch einen Gesetzesvorstoß, Verrat oder Übergriff auf die Rechte anderer unternimmt, so wird er, solange er nicht den in seiner Gesellschaft geltenden Gesetze ins Netz gegangen ist, sonst keine andere Instanz erkennen, vor wel­cher er für sein schlechtes Tun Rede und Antwort stehen müsste und die ihn seiner gerechten Strafe zuführen würde.

Der grundlegende Mangel der von Menschen geschaffe­nen Gesetze ist eben der, dass man den Tod als das Ende des menschlichen Lebens verkündet, und das System, das man ent­wirft, entsprechend den Wünschen aufstellt, die die Mehrheit gemäß ihren Gefühlen hegt.

Aber die Lehren himmlischer Herkunft verfolgen einen anderen Kurs und dieser basiert auf der Ewigkeit des mensch­lichen Lebens: ein Leben, in dem die Klinge des Todes nicht das Ende bedeutet. Die Konzepte, die diese Lehren vorlegen, folgen einer solchen gedanklichen Linie.

Mit folgender Tatsache muss man sich auseinandersetzen und sie begreifen: Wissenschaft und menschliches Denken können nie in dem Maße ihren Machtbereich ausdehnen, dass sie in einem Umfange wie die Revolutionen auszulösen vermögende Macht der Religion die höheren Dimensionen im menschlichen Sein zu formen und tiefgehende grundsätzliche Wandlungen zu erzielen imstande wären.

Weiter sollte man sich klarmachen, dass die Ursache da­für, dass Menschen in den Abgrund der Dekadenz hinunter­stürzen und die Gründe für die Missstände in der Gesellschaft in dieser Ideenordnung zu sehen und darauf zurückzuführen ist, dass diese Ordnung mit ihren Regeln und Vorschriften nicht mit den Grundlagen des seelischen Urgrundes der Menschheit über­einstimmt, sondern Disharmonien vorliegen.

Der religiöse Mensch beachtet daher jene Bestimmungen, welche auf ewig als weise gelten, Im Rahmen dieser Konzepte wird seine Reise zur Unendlichkeit und zur unvergänglichen Welt eine Reise auf den ausgebreiteten Schwingen der unbe­grenzten Zeit sein. Die Biografie eines solchen Menschen kann keiner durch die unzureichende Brille menschlichen Wissens blickend beschreiben und bewerten, denn sie geht weit über solche Beschreibungen und Beurteilungen hinaus.

Die Auferstehung - ein Aspekt der weitreichenden Weisheit Gottes

Die vielen Anstrengungen und freiwilligen Handlungen unternimmt der Mensch zweifelsohne aufgrund innerer Motive, die ihn dazu anspornen. Unsere verschiedenen Bemühungen stellen Reaktionen auf unsere Absichten und Wunschvorstellungen dar, die wir auf diese Weise in die Tat umzusetzen versuchen. Es ist der Ruf der inneren Neigungen und Wünsche, auf den wir hören, wenn wir etwas tun.

Selbst wenn wir glauben, dass einige der auf unserem Wil­len beruhenden und aus freien Stücken geschehenden Hand­lungen in einer Atmosphäre zustande kamen, in der keinerlei Absichten mit im Spiel sind, so dürfen wir dennoch nicht vergessen, dass in Wirklichkeit ein jedes Tun untrennbar von in uns verborgenen Zielen bleibt und im Kern einer jeden einzelnen Handlung irgendwie ein verschleiertes und nach außen hin uner­kanntes Ziel versteckt liegt.

Zum Beispiel jedes Mal, wenn wir uns zu einem Werk der Nächstenliebe aufraffen, so tun wir dies entgegen unserer Vor­stellung nicht ausschließlich aufgrund der Inspiration, menschen­freundlicher Gedanken, Güte und Großherzigkeit, sondern die wichtigste Rolle übernimmt in diesem Tätigkeitsfeld ein anderes Motiv. Und zwar ist dieses Motiv der Wunsch, unser Gewissen beruhigen zu wollen.

Auch die Rolle, die ein natürlicher Faktor der Natur auf deren Bühne übernimmt, ist bei seinem Agieren und Streben nicht unabhängig von einem Ziel und Zweck. Der Unterschied besteht nur darin, dass die Dinge, die der Mensch aufgrund des Wissens unternimmt, von einem natürlichen Faktor herrührt, der innerhalb der Daseinsordnung Einfluss nimmt, ohne dass er mit dem Wissen und der Wahrnehmung in Berührung käme. Daher liegt in beiden Fälle vom Wesen her die gleiche Tatsache vor.

Ein freies Denken macht spürbar, dass die Struktur des Daseins dies geradezu will, um in ihrem Schöße ein Wesen großzuziehen, das nachdenkt, sich zu vervollkommnen sucht und sein eigenes Schicksal bestimmt. Ein Wesen, das s' i aus der kerkerhaften Führung durch die Instinkte befreien .ann. Ein Wesen, das eine Bahn betritt, auf der es sich entscheiden kann, ob es gelenkt werden will und das Licht des Verstandes und der Vernunft ihm den Weg leuchten soll. Auf dieser Bahn wählt dieses Wesen selbst seinen Weg, wählt entweder den Weg der hinaufführt, oder Wege, die den Absturz zur Folge haben.

Zudem legt die Wissenschaft ein Bild von der Welt vor, in dem alles vollständig geordnet ist. In diesem Bild gibt es genaue traditionelle Regeln, gegen die nicht verstoßen wird. Eine Welt in der alles - vom zarten Flügel des Schmetterlings und dem Blatt eines Baumes bis hin zu dem Sandkorn - eine bestimmte Ordnung aufweist..., eine Welt, in der sich alles mit geometrischer Genauigkeit bewegt - von dem Atom bis zu den riesigen Galaxien, die mehrere Sonnen mit sieh tragen - von der Milchstraße bis zu dem nicht enden wollenden Raum, der viele weitere Milchstraßen in sich aufnimmt: Die ganze Daseinswelt, deren Grenzen wir nicht kennen und die von den winzigsten Teilchen bis zu den größten Himmelskörpern reicht, zirkuliert. “Und diese Zirkulation gehorcht einer unvergleichlichen verblüf­fenden Ordnung. Die Wahrnehmung und das wissenschaftliche Denken gestatten es dem Menschen nicht zu akzeptieren, dass es bei diesem endlosen und ausgedehnten Sich Bewegen, Wachsen und Streben auf der Welt, keinen Zusammenhang zwischen Handlung, Handelndem und Ziel geben sollte.

Wenn wir nämlich voraussetzen, dass der Schöpfer der faszinierenden Daseinsordnung endloses Wissen und unbe­grenzte Macht besitzt, so kann man einfach nicht akzeptieren, dass er in diesem Dasein all diese Gesetze und all das Schöne an Lebewesen und den Nicht-Lebewesen aufeinander abstimmt und jedes Geschöpf mit den nötigen Mitteln zur Fortsetzung seines Lebens ausnistet, ohne dass er beim Ordnen ein Ziel ins Auge gefasst hätte.

Die Gemeinschaft derer, die nur an den einen Gott glau­ben, hat erkannt, dass Gott alle Vollkommenheiten besitzt. Sie bestehen daher darauf, dass diese Ordnung einem Ziel dient.

Wie könnte man auch das endlose Wissen und die unvergängliche Macht und Weisheit des Erschaffers bezeugen, und gleichzeitig verneinen, dass dieser trotz seiner Vollkommen­heit seinem Tun kein endgültiges Ziel zugrunde legt?

Ist die Behauptung glaubhaft, dass zwar das kleinste System in unserem Körper mit einem Ziel versehen ist, dieser Mensch jedoch insgesamt eine Sackgasse entlanggeht, die bei Sinn- und Ziellosigkeit endet?

Der Mensch gilt doch bereits bei der Eibefruchtung nicht mehr als Wesen, das sich selbst überlassen bleiben soll, damit es gemäß den natürlichen Kräften die Wachstumsphasen hinter sich bringt. Es wird nicht genügen, dass man sich hinsichtlich der notwendigen Versorgung und Behütung dieses Wesens nur mit der Bereitstellung der Mittel, die es zum Leben braucht, begnügt.

Kurzum: Der Aufruf der göttlichen Lehren basiert auf menschlicher Verantwortung und Pflicht und die Propheten und Boten Gottes haben stets mit einmaliger Entschlossenheit den Menschen verkündet, dass in einer endlosen großen Welt, die noch vor uns liegt, die Taten der Menschen überprüft und verrechnet werden. Daher mahnten diese Gottesmänner dieje­nigen, die sich ihrer Botschaft anschlössen, ausdrücklich, sich auf ein Ereignis vorzubereiten, dass sich in der ganzen Welt ereignen wird und sie in ihrer Gesamtheit in eine neue Phase, eine neue Ordnung und ein neues Leben eintreten lässt. Und sie mahnten sie, dass sie ihre potentionellen Möglichkeiten, welche zu Wachstum, Besserung und Vervollkommnung führen, nutzen sollten, um durch sie ihre Existenz auf allen Ebenen zu entfal­ten, Gutes zu säen und Reitung zu finden sowie andererseits Dinge zu meiden, durch die sie sich ein schreckliches Leben im zukünftigen Reich einhandeln und am Ende das ewige Feuer sinnlos gewordener Reue sie erfasst.

Der Mensch streut mit eigenen Händen im “Hier” die Saat für das “Hiemach”. Er selber bestimmt, wie es ihm in jenem Leben ergehen wird, und zwar bestimmt er es in diesem Dasein. Das bedeutet, dass sein ewiges Leben dank des Kapitals, das er vorausschickt, Gestalt annimmt.

Halten wir uns einen begabten Maler vor Augen, der zu­nächst mit großem Zeitaufwand ein wahrhaft kunstvolles Gemälde auf die Leinwand zaubert, um es dann zu zerstören. Werden wir jemanden wie ihn noch für geistig völlig gesund halten? Sicherlich nicht, denn ein vernünftiger Mensch würde nie etwas derartig Sinnloses tun.

Es stellt sich demnach die Frage: Besteht das Ziel der Erschaffung dieses gewaltigen, meisterlich strukturierten Systems von Himmelskörpern und die Erschaffung des Menschen mit seinen dynamischen Kräften nur darin, dieses begrenzte Leben voller Gegensätzlichkeiten zu leben?

Soll er, der Mensch, in den Strudel seiner Phantasien und seiner blinden Begierden hineintauchen. Gefangener falscher und selbst gebastelter Wertmaßstäbe sein, bis er dann schließlich mit dem Tod und dem Schließen seiner Lebensakte zu Staubpartikeln wird, die sich im endlosen Raum verstreuen?

Erinnert dies nicht an das sinn- und nutzlose Tun besagten Künstlers, der ein Werk schafft, um es zu zerstören? Ist eine solche Interpretation des Lebens je mit dem Wissen und der Vorausplanung jenes Allwissenden und AI l-Erschaffenden vereinbar, welcher doch Millimeter für Millimeter der Geschöpfe in der Daseinsordnung mit klaren Zwecken versehen hat?

Nein! Eine solche Philosophie kann niemals zum breiten Fluss werden, der das Land des Daseins vollständig bewässert!

Die Daseinskarawane muss einfach auf den Weg ihrer Evolution bei einer absoluten Vollkommenheit angelangen. Und auch wir, die wir unser Dasein Gott verdanken, kehren zu dieser absoluten Wahrheit zurück.

In der Gesamtordnung der Daseinswelt sind aufer­stehungsähnliche Wandlungen ein durchaus gewöhnlicher Vor­gang: Zum Beispiel geht aus der Dunkelheit die Helligkeit her­vor und die Willkürgewalt ruft Gerechtigkeit ins Leben. Auch die Welt hat die Auferstehung im Gefolge. Wenn wir diese Wahr­heit verneinen, können wir auch die präzisen und weise kalku­lierten geordneten Systeme in der Schöpfung und der immensen Weite der Natur und einer Welt, deren Kompliziertheit, Endlo­sigkeit und Größe die Grenze unseres Denkens und unserer 'Vorstellung, übersteigen, nicht ernst nehmen und sollten das Evolutionsprinzip, welches sich bei einer genauen Betrachtung der Schöpfung und der allgemeinen Entwicklung der Bestand­teile dieser Welt ableiten lässt, vergessen.

Ist es denn wirklich noch akzeptierbar, dass wir einerseits der Meinung sind, dass das gesamte System der Daseins-Schöpfung, von seinen feinsten Bestandteilen bis zu den riesigen überwältigenden Himmelskörpern durch das Gesetz der Evo­lution beherrscht wird, während wir andererseits schlussfolgern wollen, dass dieser Prozess der Weiterentwicklung im toten Punkt der Vernichtung und der absoluten Nicht-Existenz versiegt?

Eine solche Interpretation der doch so faszinierenden Da­seinsordnung steht im Widerspruch zu dieser gewaltigen Welt mit ihren vielen Phänomenen, die wir gar nicht zu zählen vermögen.

Der gesunde Menschenverstand kann ebenso wenig einen logischen Zusammenhang zwischen einer angeblichen Ziel­losigkeit dieses flüchtigen materiellen Lebens und der Weisheit jenes unendlichen Wesens und großartigen Designers der Schöp­fung von Mensch und Welt herstellen.

Abgesehen von den Stufenweisen relativen Zielen, die in der Gesamtheit der Schöpfungsordnung eingeplant wurden, heißt es im Koran weiter, dass diese Bewegung dort endet, wo die Unvergänglichkeit und das ewige Dasein beginnt:

“Alles im Himmel und auf Erden gehört Gott und alles Sein wird zu Ihm zurückkehren!”[1]

“... Was im Himmel und auf der Erde ist, gehört Gott und aller Dinge Rückkehr wird zu Ihm sein.”[2]

Dieser Schöpfer hat mit seiner endlosen weisen Macht die gewaltige Daseinsordnung hervorgerufen. Er schuf eine unüber­schaubare Vielzahl und Vielfalt an Geschöpfen und bestimmte den Menschen zum Meisterstück der Kreatur, ja er ordnete sogar die anderen Erscheinungen in der Schöpfung dem menschlichen Willen unter!

Aber was sollte die ganze Schöpfung in der Welt und die Anwesenheit einer so hochgestellten Erscheinung wie der Mensch in ihr überhaupt nutzen, wenn der Tod der Schlusspunkt seiner Existenz darstellte? Wäre nicht alles ohne Sinn gewesen?

Unterdessen zeichnen sich aufgrund des Evolutionsge­setzes die letzten Stufen bis zur Erreichung der Vollkommenheit durch die Tendenz zu unvergänglichen Bedingungen aus. Wäre es ein Vervollkommnungsprozess, wenn das Schicksal der Geschöpfe, die in einem bestimmten Zeitraum Fortschritte ge­macht und sich entwickelt haben, mit der Vernichtung und der Auflösung in Nichts enden würde?

Nein! Dieses Gesetz der Evolution setzte ein Vorwärts­kommen voraus, und keine Veränderungen, die schließlich zur Vernichtung führen. Kann denn das Nichts jemals Ziel sein?

Selbst wenn die Vervollkommnung durch eine Reihe von Wandlungen auch nur etwas vorankommt, so wäre dies ebenso schon unsinnig und brächte nichts ein.

Darüber hinaus hat die Wissenschaft der Hypothese von der absoluten Vernichtung aller Erscheinungen auf der Welt den Weg versperrt, Sie hat mit dem Grundsatz von dem Erhalt der Materie und Energie bewiesen, dass die materiellen Teilchen die diese Welt bilden in der bestehenden Ordnung keine Vernichtung erfahren.

Alles wird dann die wünschenswerte Vollendung errei­chen, wenn nach der völligen Auflösung der Grundlagen dieser Welt eine neue Ordnung, beruhend auf dem Prinzip der Bestän­digkeit und des ewigen Lebens errichtet wird.

Dabei spielt es keine Rolle, ob diese allgemeine Bewe­gung und der allgemeine Karawanenpfad in Richtung höherer Vollendung das Äußere der Daseinswesen verändert oder ihre Wahrheit und ihr Inneres.

Ein solches allgemeines Sich Wandeln und ständiges Streben ist nur dann logisch zu erklären und gibt erst dann einen richtigen Sinn, wenn dieser Prozess sowohl eine Richtung hat als auch ein Ziel am Ende seiner Bewegung steht

Das gesamte Weltsystem gleicht mit seiner geregelten und koordiniert verlaufenden Entwicklung dem Kind, welches auf einen besseren und vollkommeneren Zustand als den voran­gegangenen, nämlich auf die Erwachsenen reife zugeht, und zwar strebt das Weltsystem ebenso auf das Stadium der Reife zu: auf die Auferstehung und das ewige Leben nämlich.

Dieses alles erfassende grundsätzliche Streben vom Unvollendeten zu einem höheren Grad der Vollkommenheit und relativen Vervollkommnungen dient der Erreichung der abso­luten Vollkommenheit. Der Koran verkündet:

 “Zu Ihm werdet ihr zurückkehren!”[3]

Damit bricht die materielle Vervollkommnungsspirale nie ab und diese Daseinswelt stockt in ihrer Gesamtheit gesehen nicht einen Moment auf ihrem Weg.

Und nicht nur das: Die geistig-ethische Vollendung und Erreichung der hohen Ideale, die der Mensch innerlich hegt, wer­den nicht unter den jetzigen Bedingungen realisierbar sein, son­dern erfordern das Ende der vorläufigen Ordnung und den Beginn des ewigen Lebens; denn es sind andere Voraussetzungen notwendig, damit das Menschsein seine höchste Stufe erreicht und ein Erdenbürger eine Atmosphäre frei von geistigen und mo­ralischen Entwürdigungen und über und über angefüllt mit mate­riellen und immateriellen Freuden vorfindet. Auf dieser Stufe werden die Vollendung des Glaubens und die Bemühung um das bessere Tun Früchte tragen. Jeder wird gemäß seines Denkens und Handelns belohnt bzw. bestraft werden. Deshalb heißt es im Koran:

“Wir haben den Himmel und die Erde und was zwischen diesen beiden liegt, nicht umsonst geschaffen!”[4]

“Die, die in jedem Zustand, im Stehen, Sitzen und im Liegen Gottes eingedenk sind und ständig über die Erschaffung von Himmel und Erde nachdenken und sagen: '0 Herr, du hast dieses gewaltige Universum mit seiner Gewaltigkeit nicht umsonst geschaffen. 0 du, der du rein bist und frei von allen Mängeln, bewahre uns in Deiner Güte von dem Feuer der Verdammnis'.”[5]

Im Koran steht ebenso in den Versen 38 bis 39 der Sure 44, Dochan wie folgt:

“Wir haben den Himmel und die Erde und alles, was zwischen ihnen ist, nicht zur Spielerei, sondern nur aufgrund von Recht und Gerechtigkeit und aufgrund von Weisheit er­schaffen. Aber die meisten wissen das nicht.”

Jemand, der davon überzeugt ist, dass es immer eine klare göttliche Weisheit gibt, der weiß: In dieser riesigen Welt, deren Dasein ausschließlich in den Händen dieser unvergänglichen Macht liegt, bleibt nichts sich selbst überlassen und ohne Sinn.

Dieser Mensch versteht die Ordnung in dieser Welt als Werk einer Weisheit, die keine Fehler zulässt. Als Werk einer absoluten Gerechtigkeit. Ein Werk, in dem jede Erscheinung dem unantastbaren Rhythmus einer Ordnung folgend ständig Verän­derungen und Wandlungen erfährt.

Ein solcher Mensch wird nicht dafür stimmen, dass diese Welt zur Vernichtung verurteilt ist, denn, wenn angenommen in diesem System wirklich das Prinzip der Rebellion, des Eigen­sinns und des Gesetzesverstoßes herrschen würde..., wenn die Existenz von jedem Dinge in diesem Reich auf einem Irrtum aufbaute, so wäre gar nicht mehr an Harmonie und Reibungslosigkeit zu denken, weil es sie nicht mehr gäbe.

Der gläubige Mensch betrachtet sich selbst als das Element, welches die Welt in seinem Innern gedeihen und aufblühen lässt. Sein eigenes Selbst kann seine Zukunft schön gestalten und sein eigenes Selbst kann sie in Brand stecken und verheeren.

Dieser Mensch wird mit einer solchen Interpretation von der Daseinswelt niemals am Ende des Lebens allen Bereichen der menschlichen Existenz den Stempel “nichtig” aufdrücken. Aufgrund dieser Anschauung wird es denkbar, dass die vorhandene Ordnung in einer würdigen und stattlichen Form ihr Vorhandensein fortsetzt und der Durst des Menschen nach allen hohen Werten und Idealen des Lebens gestillt wird.

Ja, das endlose Wesen Gottes ist in jeder Hinsicht voll­kommen. Seine majestätische Hoheit ist auf nichts angewiesen. Das Wort “bedürfen” ist auf Ihn bezogen einfach absurd, während es die Geschöpfe sind, die auf allen Ebenen Seiner bedürfen. Gott hat den Menschen mit dem Leben beschenkt und ihm all seine Kräfte und Vorzüge verliehen. Es liegt auf der Hand, dass das Ergebnis Seiner Schöpfung zu Ihm zurückkehrt.

Im Koran steht geschrieben:

“Ihr Menschen! Ihr seid alle auf Gott angewiesen und nur Sein einmaliges Wesen ist absolut reich und auf nichts angewiesen.”[6]

Aus der Weisheit Gottes ist daher darauf zu folgern, dass eines Tages das Konto seiner Geschöpfe überprüft wird. Der Koran verheißt das Kommen eines solchen Tages, indem er sagt:

“Mit Gewissheit wird dein Herr alle Seine Geschöpfe am Tag der Auferstehung versammeln, denn sein Tun be­ruht auf Wissen und Weisheit.”[7]

Jene Vollkommenheit, die der Würde des Menschen ent­spricht, ist in dem Bereich dieser Welt und innerhalb der Entwicklungen in ihr nicht verwirklichbar. Vielmehr setzt sich seine Vervollkommnung fort, damit er in einer anderen Welt das Endziel seines Sehnens und Wünschens erreicht und das ist die Erreichung des hohen Ursprungs alles Seins.

Die Menschen werden Gott entsprechend ihrer Taten, dem Weg, den sie gegangen sind und ihren Eigenschaften begegnen. Und zwar sie alle: sowohl die Reinen, die Seliggewordenen, als auch die üblen Menschen mit ihrer schwarzen Seele. Sämtliche Existenzwesen müssen sich der Regel und dem Willen Gottes, gegen den nicht verstoßen werden kann, beugen. Das Urteil wurde gefallt: Ob sie wollen oder nicht: sie werden alle zu Ihm zurückkehren. Doch gibt es einen Unterschied, und zwar richtet sich die Art der Rückkehr nach der Art des Weges, nach der Le­bensweise und den Eigenschaften, die der Mensch sich zugelegt hat.

Wenn der Pfad des Handelns seinen Endpunkt erreicht hat, wird auch das Resultat klar und deutlich zu erkennen sein. Daher hängt bei jedem Einzelnen die Qualität der Begegnung mit Gott von seinem eigenen konkreten Handeln und Wandeln ab.

Der Koran gibt wie folgt bekannt:

„O Mensch! Du strebst mit all deinem Bemühen deinem Herrn zu und so wirst du Ihm schließlich begegnen.”[8]

„Und das Endziel aller Dinge (eures Tuns) wird bei Gott, dem Erhabenen, sein.”[9]

„Er ist der Gott, dessen Macht über den Dienern steht und zu eurem Schutz Wächter geschickt hat, bis dass der Tod von einem von Euch gekommen ist. Unsere Boten bringen ihn zum Sterben und sie werden euch den Geist rauben, ohne etwas zu versäumen. Dann kehrt ihr zu dem Herrn der Welten zurück, der wahrhaft Herr und Freund Seiner Diener ist. Wisset, das Richten über die Erschaffenen geschieht durch Gott und er verrechnet schneller als jeder andere das Konto der Diener.”[10]

Doch wenn die Bewohner der Verdammnis mit ihren schwarzen Seelen sich in der Audienz der göttlichen Existenz wieder finden, so wird der Herr sie nicht beachten: Er wird Seinen Blick der Barmherzigkeit nicht auf sie richten.

Ihnen bleibt die Gnade seiner Exzellenz versagt!

Im Koran heißt es über Menschen wie sie:

„...der hat keinen Anteil am zukünftigen Leben. Gott wird nicht mit ihnen reden und sie nicht anblicken ...”[11]

„Die Gesichter einer Schar von Menschen werden am Tag der Begenung mit Gott lichtem sein, heiter und freudevoll Aber die Gesichter anderen sind mit Staub bedeckt und elendig. Das sind die Gottesleugner, die Übles getan haben.”[12]

Grundsätzlich besitzt derjenige hohe, religiöse, moralische und Golf suchende Motive, der aufgrund von solchen und durch sein Neigen zum Recht und zu Gott, die Grenzen innerhalb der er während seiner materiellen Existenz gefangen bleibt, über­schreiten möchte. Daher verzichtet er enthusiastisch und im Bestreben, das Höhere zu erreichen, auf das äußerliche mate­rielle Leben, um an wertvolle, bedeutende Ziele zu gelangen. Dieser elementare Wandel in ihm beruht darauf, dass in seinem Innern der Gedanke an die Ewigkeit nicht versiegt ist. Es ist aber auch einem instinktivem Streben auf höherer Stufe zu verdanken, das er in sich spürt, mit seinem Ewigsein zusammenhängt und ihn zur Ewigkeit ruft, damit er sein wahres Reich betritt. Und das alles sind Anzeichen einer Art Eignung für dass Leben in der Ewigkeit.

Das Verhalten und die Werke des Menschen sind wie Saatgut, dessen Ausstreuen nur richtig Sinn hat, wenn es für das ewige Leben geschieht und für diejenigen, die das Verwerfliche in dieser Daseinsordnung streuen, entsteht ebenso eine entsprechende Art von ewigem Leben. Dort können diese Leute das Ergebnis ihrer schlechten Taten ernten.

Imam Ali (a.s) sagt in diesem Zusammenhang:

“Die hiesige Welt ist ein Haus am Wegrand. “[13] Es ist in Wahrheit nämlich das zukünftige Leben, welches

der hiesigen Welt eine echte Bedeutung schenkt.


 
[1]-Sure 3, Ale Ernran, Vers 109
[2]-Sure 42, Schurä, Vers 53
[3]-Sure 10, Yunos, Vers 4
[4]-Sure 38, Säd, Vers 27
[5]-Sure 3, Ale 'Emran, Vers 192
[6]-Sure 35.Fa1er.Vers 15
[7]-Sure 15, Hegr, Vers 25
[8]-Sure 84, Enscheqäq, Vers 6
[9]-Sure 53, Nagm, Vers 42
[10]-Sure 6, An'am, Vers 61, 62
[11]-Sine 3, AJe Emrän, aus Vers 77
[12]-Sure 80, 'Abassa, Vers 38-42
[13]-Nahð-ol-Balâðeh, 203. Rede

 

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