Im Namen Gottes, des Erbarmers, des Barmherzigen

So War Es, Bruder!

Von Doktor Ali Schariati

„Während wir vorhatten, denen , die im Land unterdrückt waren, Gnade zu erweisen und sie zu Vorbildern (für kommende Geschlechter) und zu Erben (derer, die sie unterdrückt hatten) zu machen und ihnen Macht im Land zu geben". Koran: Sure 28, Vers 5




Lebenslauf des Verfassers
Im Namen des barmherzigen und gütigen Gottes

Doktor Schariati ist einer der bewährten Kämpfer im Verlauf der islamischen Revolution Irans und gehört zu den bedeutenden Denkern der heutigen Welt. Ein Mensch, der sein ganzes Dasein in allen Abschnitten seines Lebens in voller Aufrichtigkeit der bedingungslosen Anerkennung des Rechts und der Durchführung der Gerechtigkeit gewidmet hat.

Doktor Ali Schariati, der Blutzeuge und Erzieher in seiner Gesellschaft, erblichte am 23. November 1933 in dem Dorf Masinan der Provinz Choransan im Nordosten Irans das Licht der Welt. Sein erster Lehrer war sein Vater, Professor Mohammad Taghi Schariati, der zu den bedeutenden Gelehrten Chorasans zählt.

Schariati dazu: „Mein Vater bestimmte als erster die Dimensionen meines jungen Geistes, er lehrte mich als erster, meinen Verstand zu gebrauchen und die Kunst zu verstehen, ein Mensch zu sein."

Schariati wuchs umgeben von Elend und in Berührung mit Unterdrückten und Ausgebeuteten unter schweren Lebensbedingungen auf. Die Ungerechtigkeit und Unterdrückung der verdorbenen Staatsordnung fühlte er sehr wohl, Schmerz und Leid überkamen ihn, bis in sein Inneres entbrannte er durch Ungerechtigkeit und Unterdrückung, verabscheute er die Gewalttäter, Geldgierigen und Betrüger.

Auf dem Gymnasium wurde Schariati mit der neuen islamischen Bewegung über die „Vereinigung zur Verbreitung der islamischen Werte", deren Gründer sein Vater war, bekannt und erwies sich als ihr

tätigstes Mitglied. Seine Betätigung in der Vereinigung verschaffte ihm die Bekanntschaft vieler junger Männer und Studenten. Zu ebendieser Zeit begann er, wissenschaftliche und philosophische Aufsätze zu schreiben.

Schariati tat im Verlauf des Kampfes Doktor Mosaddeghs gegen den Schah mit der Herausgabe der Veröffentlichung „Mosaddeghs Weg" seinen eigenen Protest kund. Zu dieser Zeit war er Student in Maschhad, schloss sich der Reihe der Kämpfer der „Nationalen Widerstandsbewegung" an und wurde zu einem der tätigsten Mitglieder dieser Bewegung. Die Fortsetzung dieser Tätigkeit hatte seine und seines Vaters Verhaftung zur Folge, ihre Überführung nach Teheran, Folter und Gefängnis.

Schariati ertrug alle Plagen des Gefängnisses mit der Kraft des Glaubens, der Geduld, des Vertrauens und mit einem eisernen Willen zur Fortführung des Kampfes gegen Ungerechtigkeit und Unterdrückung. Er wurde aus dem Gefängnis entlassen und brach, nachdem er seine Studien für die Lizenz beendet hatte, an der Universität der Beste seines Jahrganges geworden war und ein Stipendium erhalten hatte, zur Fortsetzung seiner Studien im Jahre 1960 nach Frankreich auf. Vor seiner Abreise heiratete er Frau Puran Resawi. Sein Fortgehen aus Iran fiel zusammen mit einer weitgespannten Vorbereitung der „Nationalen Widerstandsbewegung", eine neue Protestwelle hervorzurufen, um die Bewegung auf eine höhere Ebene zu heben. Die Fortsetzung dieser Tätigkeit führte zur Gründung der „zweiten Nationalen Front " und später zur „Freiheitsbewegung". Schariati ließ auch außerhalb des Landes keinen Augenblick von seinem Kampf ab, er gehörte zu denjenigen, die beim Ausbau der „zweiten Nationalen Front in Europa " eine bedeutende Rolle spielten. Im Jahre 1961 fand in Wiesbaden in der Bundesrepublik Deutschland der erste Kongress der „Zweiten Nationalen Front in Europa" statt, auf dem man den Beschluss fasste, eine Zeitung herauszugeben, deren Verantwortung Schariati übernahm. Diese Zeitung trug den Titel „Freies Iran".

Schariati, der zu dieser Zeit eng mit der algerischen Freiheitsfront und der Zeitung „Al-Modjahed" zusammenarbeitete, hoffte, das „Freies Iran" dieselbe Rolle spielen könnte wie „Al-Modjahed". Schariati schrieb seine eigenen analytischen Artikel unter dem Pseudonym „Fackel". Sein Schreiben und seine Fähigkeiten stellte er in den Dienst der Befreiung des algerischen Volkes von der Kolonisation zur Zeit der algerischen Bewegung und ebendiese Bestätigung hatte zur Folge, das er mit der französischen Polizei zusammenstieß.

Schariati schloss während seines Aufenthaltes in Frankreich Bekanntschaft mit Schriftstellern wie Jean Paul Sarte. Er studierte Gesellschaftswissenschaft und brach, nachdem er an der Universität Sorbonne den Doktorgrad in Gesellschaftswissenschaft und islamischer Geschichte erworben hatte, in sein Vaterland auf.

An der Grenze jedoch wurde er verhaftet und ins Gefängnis geschafft, aus dem man ihn nach sechs Monaten durch den Einspruch bedeutender Französischer Intellektueller wieder freiließ. Nach seiner Entlassung schickte das herrschende Regime ihn, der den Doktorgrad besaß, zum Unterrichten in einer Dorfschule fort, später endlich ließ es ihn zur Lehrtätigkeit an der Universität Maschhad zu. Seit jener Zeit begann Schariati, sich wirksam mit der Zusammenstellung und Erweiterung seiner islamischen Anschauungen zu beschäftigen.

Als später in Teheran durch einige strenggläubige Menschen ein islamisches Zentrum zur Verbreitung islamischer Gedanken mit dem Namen „Hoseinije Erschad" entstand, wurde auch Schariati eingeladen, bei der Aufstellung und Durchführung des Programms mitzuhelfen. Auf diese Einladung hin begann er eine Vortragsreihe mit dem Titel „ Islamwissenschaft" und „Religionsgeschichte". Die versteckten Anspielungen auf politische und gesellschaftliche Vorfälle in mancher seinen Vorträge machte er so weit wie möglich zum Gegenstand der Diskussion.

Das Schah-Regime, das es für gefährlich hielt, wenn ein solches Zentrum weiterbestünde und Schariati seine Tätigkeit fortsetzte, legte viele Hindernisse in den Weg und ließ zuletzt die Hoseinije Erschad schließen. Schariati musste fliehen. Das Regime warf seinen hochbetagten Vater ins Gefängnis. Um seinen Vater zu befreien, stellte sich Schariati der Geheimpolizei des Schahs (SAVAK). Man steckte ihn ins Gefängnis und folterte ihn 18 Monate lang, aber er widerstand und gab ihnen- nach seinen eigenen Worten- nicht die Genugtuung, auch nur ein „ach!" zu vernehmen. Danach wurden die Bücher Schariatis nicht nur verboten, schon auf das Lesen stand Gefängnisstrafe. Aber diese Maßnahmen hatten die gegenteilige Folge und riefen die Verbreitung der Schruften und Gedanken Schariatis hervor. Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis, die der Erfolg des Protestes von Intellektuellen aus Europa und Asien war, verstärkte Schariati seinen Widerstand und Kampf gegen das Regime. Die SAVAK, die keinen anderen Ausweg sah, beabsichtigte nun, Ruf und Persönlichkeit Schariatis zu terrorisieren, sie veröffentlichte Aufsätze und Schriften von ihm in Zeitungen, die dem Regime verbunden waren und probagierte, er selber handelte auf diese Weise.

Schariati stand während seiner „Freiheit" völlig unter Kontrolle, man gab ihm keine Erlaubnis und Möglichkeit, seine öffentliche Betätigung fortzusetzen. So sehr engte man seine Umgebung ein, das er schließlich den Plan zu einer Emigration aus Iran entwarf.

Anfang Mai 1977 schrieb er seine letzten Briefe an seinen Vater und verabschiedete sich von Frau und Kindern. Am 16. Mai desselben Jahres verließ er Iran, um einen neuen Weg in seiner Bestimmung zur Fortführung von Tätigkeit und Kampf einzuschlagen. Seine Emigration währte jedoch nicht länger als einen Monat, am 19 Juni 1977 gab Schariati auf noch ungeklärte Weise sein Leben für den Glauben dahin und begann die ewige Emigration in Richtung des Lichtes.

Die vorliegende Schrift ist einer seiner Vorträge, die er in der Hoseinije Erschad hielt. Sie berichtet in eindringlicher Weise von dem Elend der entrechteten Gesellschaftsschicht, die im Geschichtsverlauf unterdrückt und geknechtet wurde, eine Gesellschaftsschicht, der auch Schariati entstammt. Diese Schrift widmen wir allen Entrechteten der Welt und denen, die das Leid der entrechteten Menschen mitempfinden.

Ja, so war es, Bruder!

Ich hatte mir einige Aufzeichnungen gemacht, um heute Abend aus dem, was ich an den vorangegangenen Abenden vortrug, die Schlussfolgerung zu ziehen. Aber die Worte meines lieben Bruders Parwis Khorsand, von dem ich, wenn ich nicht sage, das er der einzige, aber doch sicher sagen kann, das er der bedeutendste Schriftsteller sei, der die heutige Prosa in den Dienst unseres gestrigen Glaubens gestellt hat, änderten völlig das, was ich sagen wollte , die Einstellung, die ich hatte und die Gedankenrichtung, die ich festgelegt hatte, um. Ich kam zu der Überlegung, auch Ihnen von dem Erlebnis, das ich ihm erzählt hatte, zu berichten.

Wenn ich von „mir" selber sprechen werde, so geschieht das deshalb, weil ich eine „Erinnerung" berichten möchte, eine Erinnerung, die recht eigentlich mit mir selbst als Vertreter einer Klasse in der Welt, in meiner Gesellschaft, in meiner Stadt und Geschichte in Zusammenhang steht. Ich gehöre einerseits der heutigen gebildeten Schicht an, von der Sie wissen, in welcher Atmosphäre sie denkt, welche Beziehungen sie zur Religion hat, welche Ziele sie verfolgt und welche Sprache und Sitten sie besitzt. Und andererseits komme ich aus dem Grund und Boden 1), nämlich der Wüste, einer Gegend, in der es keine Häuser gibt, kein

Glück, kein Wohlstand, keinen Lebensgenuss, Dürre , Armut, elendes Leben herrscht dort. Und wiederum gehöre ich einer Schicht und einem Stamm an, wo kein Blut eines Edlen, von der Sorte, deren Ruhm an Reichtum, Gold und Gewalt gebunden ist in meinen Adern fließt. In meinem Wesen spüre ich, das meine Vorfahren, meine Mütter und Väter im Laufe der Generationen, bis dorthin, wo sie sich in der Geschichte verlieren , immer Kinder der Armut, des Elends und der Entbehrung gewesen sind. Mit solchen Beschaffebenheiten versehen, gilt zudem mein Hauptinteresse der Kultur. Immer faste ich die Kulturen und die großen Werke der menschlichen Kultur als den größten Ruhm des Menschengeschlechtes auf, und in jeder Stadt und in jedem Land, wohin ich reiste, beeilte ich mich sofort, eines der großen Denkmäler der vergangenen Kultur aufzusuchen, um zu wissen, zu sehen und zu erkennen, welche Werke dieses Volk zustandegebracht und welch Meisterwerk es geschaffen hat.

Als ich einst in Griechenland zum Delphischen Tempel und zu den gewaltigen Bauten ging, wurde ich ganz begeistert von all jener Schönheit und Großartigkeit der Dinge: in Europa auch in Rom, dem Weltmuseum der Architektur, gewaltige, prächtige Tempel und mächtiger Schlösser gibt es im Fernen Osten, in China, Kambodscha und Vietnam; es gibt gewaltige Berge, die der Mensch mit Hand, Finger, Auge und Sehnen so bearbeite hat, das die Form eines Tempels erhielten, für die Götter und deren Vertreter auf der Erde, die offiziellen Geistlichen ihrer Religion.

Dies war in meinen Augen das gewaltigste und ein wertvolles Erbe der Menschheit.

Bis im Sommer dieses Jahres auf meiner Reise nach Afrika, bei der mein größtes Verlangen der Besuch der drei Ägyptischen Pyramiden war, all jene Vorstellungen in meinem Inneren urplötzlich zusammenbrachen.

Direkten Weges war ich zum Besuch der Wunderwerke, der Pyramiden, eines der sieben Weltwunder, geeilt und war glücklich, das ich einen solchen Erfolg erreicht hatte. Ich folgte dem Führer und war ganz Ohr für seine Erklärungen über die Form der Pyramidenbauten, ihre Geschichte, ihre Herrlichkeiten, ihre Schönheiten und ihre Geheimnisse.

Sklaven haben achthundert Millionen große Felsblöcke aus Assuan, eben dem Ort, wo man den berühmten Damm von Assuan gebaut hat, nach Kairo geschafft. Neun Pyramiden haben sie gebaut, von denen sechs klein sind und drei andere groß und weltberühmt.

Achthundert Millionen Steine haben sie aus einer Entfernung von 980 Kilometern nach Kairo geschafft, übereinandergeschichtet und einen Bau errichtet, um die mumifizierten Leiche des Pharao und der Königin unter ihm zu begraben.

Die eigentliche Grabkammer bildet einen großen Raum und besteht aus nur fünf massiven Marmorblöcken, von denen vier große Blöcke die Mauer und der fünfte Block die Decke der Kammer ergeben. Um eine Vorstellung von der Dicke und dem Gewicht des Steines, der die Decke bildet, zu bekommen, genügt es uns zu wissen, das er aus Mamor besteht, das man einige Millionen gewaltige Steinblöcke bis zum Gipfel der Pyramide auf eben diese Decke geschichtet hat und das seit fünftausend Jahren diese Decke dieses Gewicht trägt.

Durch all diese Dinge, solch gewaltige Meisterwerke, war ich von Bewunderung ergriffen, bis ich abseits, in einer Entfernung von dreivierhundert Metern Steinblöcke erblickte, die hier und da übereinandergehäuft waren.

Ich fragte meinen Führer: „Was ist das?"

Er sagte:

„Nichts Besonderes, Steinhaufen".

Ich sagte: „Diese hier sind auch Steinhaufen und nichts Besonderes. Ich möchte wissen was jene da sind."

Er sagte: „Das sind Höhlen, die kilometerweit in die Erde gegraben worden sind."

Ich fragte: „ Warum?"

Er sagte: „Dreißigtausend Sklaven haben dreißig Jahre lang solch gewaltigen Steinblöcke aus der Entfernung von tausend Kilometern auf den Schultern herangeschleppt. Scharenweise kamen sie unter dieser schweren Last um, und täglich gab man dem Pharao Meldung vom Tode hunderter Leute. Aber das System der Sklaverei, das nach den Worten von Schwarter bewirkte, das sogar Hebel und Rad nicht erfunden wurden, weil das Vorhandensein von billigen Sklaven deren Notwendigkeit überflüssig machte, warf ohne das geringste Mitleid die zermalmten Körper der Sklaven in Gruben und zog andere Sklaven zum Steinescheepen heran".

Ich sagte: „Ich will zu jenen tausender von zermalmten, zu Staub gewordenen Sklaven gehen".

Er sagte: „Dort gibt es nichts Sehenswertes, es sind aufeinandergehäufte Steine, Höhlen, Gräber von tausenden von Sklaven, die man auf Befehl des Pharao in der Nähe seines Grabens in die Erde gescharrt hat, damit sie ihn ebenso, wie sie in ihrem Leben Wächter gewesen waren und ihre Körper in seinen Dienst gestellt hatten, auch im Tode bewachen und auch ihre Seelen in seinem Dienst stellen sollten".

Ich sagte:" Lass mich nun los, denn ich brauche deine Begleitung nicht, ich geh alleine".

Und ich ging, setzte mich an den Rand der Höhlen und erkannte, welch nahe Verwandtschaftsbeziehung zwischen mir und den in diesen Gräbern Ruhenden besteht. Wir gehören beide den gleichen Stamm an.

Es stimmt wohl, das ich aus dem einen Land gekommen bin und sie aus anderen Ländern. Ich gehöre der einen Rasse an und sie einer anderen. Aber dies sind schändliche Einstellungen, um die Menschen zu trennen, die Verwandten einander zu entfremden und die einander Fremden zu Verwandten zu machen.

Ich jedoch gehöre, jenseits all dieser Einteilung, zu jener Nachkommenschaft und Rasse, bin ihr Verwandter und Leidensgenossen. Und als ich erneut die gewaltigen Pyramiden betrachtete, erkannte ich, wie fremd ich diese Größe, Pracht und Herrlichkeit bin. Oder nein, in welchem Masse ich diese Größe Kunst und Kultur hasse. Denn alle gewaltigen Werke, die im Laufe der Geschichte die Kulturen hervorgebracht haben, sind auf die Knochen meiner Vorfahren errichtet worden. Die Chinesische Mauer haben meine versklavten Väter in die Höhe gezogen und jeder, der das Gewicht der gewaltigen Steine nicht aushalten konnte und zusammenbrach, wurde eingemauert. Die Chinesische Mauer und all die mauern und Bauten und gewaltigen Werke der menschlichen Kultur kamen auf diese Weise zustande. Stein für Stein auf Fleisch und Blut meiner Vorväter.

Ich erkannte: Kultur heißt Schmähung, heißt Abscheu, heißt Hass, heißt Spuren tausendjähriger Tyrannei auf Nacken und Rücken meiner Vorväter. Ich setzte mich inmitten der Gräbermassen nieder und sah: es ist so, als seien alle jene, die im Inneren der Gräber ruhen, meine Brüder.

Ich kehrte in meine Unterkunft zurück und schrieb einem Bruder aus der zahllosen Gruppe der Sklaven einen Brief: ich schilderte ihm, wie es uns 1) im Laufe von fünftausend Jahren ergangen war- fünftausend Jahre, die er nicht erlebt hat, aber Sklaventum und Sklaven in seinen verschiedenen Formen hat es immer gegeben.

Ich setzte mich nieder und schrieb an ihn :

Bruder!

Du starbst: auch wir waren damit beschäftigt, große Kulturen, ansehnliche Errungenschaften und gewaltige Ruhmeswerke aufzubauen. Sie kamen in unsere Dörfer und Siedlungen, ergriffen uns wie Tiere, schleppten uns fort und zwangen uns, ihre Gräber zu bauen. Wenn bei der Arbeit unsere Widerstandskraft zu Ende ging, wurden wir wie Steine in den Bau eingesetzt, wenn wir die Arbeit beenden konnten, wurde Glanz, Größe und Ruhm des Baues mit dem Namen eines anderen bezeichnet. Von uns blieb nicht einmal ein Name in der Erinnerung zurück.

Manchmal schleppten sie uns auch in den Krieg, Krieg gegen Leute, die wir nicht kannten und zum Schwerterziehen gegen Leute, für die wir keinerlei Hass empfanden. Und zudem waren es Leute, die von gleicher Geburt waren, zur gleichen Klasse gehörten und das gleiche Schicksal hatten wie wir.

Uns schleppten sie fort, und unsere alten und gebrochenen Mütter und Väter blieben mit wartenden Augen zurück und ihr Warten fand niemals eine Antwort.

Diese Kriege bestanden nach den Worten eines Gelehrten „aus dem Kampf zweier Gruppen, die sich bekämpften, ohne einander zu kennen, für Leute, die nicht miteinander kämpften, aber einander kannten." Und sie schleppten uns fort; wir vernichteten und töteten blindlings, wurden vernichtet und blindlings niedergemetzelt. Wenn wir eine Niederlage erlitten, trugen ihre Qual und Pein unsere Väter und Mütter, unsere verlasseneren Dörfer und unsere verwüsteten Felder. Wenn wir jedoch siegten, wurden Ruhm und Macht anderen Leuten zuteil und wir waren niemals an Ruhm und Gewinn beteiligt.

Bruder! Nach dir kam eine große Umwandlung zustande. Die Pharaone, die Machthaber und Gewaltherren der Geschichte, änderten ihre Denkweise und wir freuten uns. Jene (die ehemaligen Machthaber) waren der Meinung , das ihre Seele ewig lebe und fortwährend um ihre Gräber schwebe; bliebe die Leiche unversehrt, so würde die Seele die

Verbindung mit ihr halten. Aus diesem Glauben heraus geschah es, das sie uns und euch zwangen, auf ihren Gräbern fiese kolossalen und mörderischen Bauten zu errichten. Diese (die neuen Machthaber) wurden intellektuell, dachten nicht mehr an den Tod und ließen vom alten Glauben ab; wir vernahmen die erfreuliche bedeutende Nachricht: Befreiung vom Bauen dieser Gräber, vom Heranschleppen der achthundert Millionen Steine aus tausend Kilometern und vom Aufeinandertürmen.

Aber Bruder! Dies war eine unbeständige und flüchtige Freude. Denn nach deinem Tod drangen sie wiederum in unsere Dörfer ein und schleppten uns zur Frontarbeit fort. Wiederum trugen wir auf unseren Rücken und Schultern gewaltige Steine und Pfähle, nicht aber für ihre Grabstätten, denn auf ihre Grabstätten legten sie keinen Wert, sondern auf ihre Paläste. Und mächtige Paläste erhoben sich bald durch unser Blut und Fleisch und daneben verschluckten andere Höhlen unsere Nachkommenschaften.

Bruder! Wiederum waren wir in den Abgrund der Hoffnungslosigkeit geraten, als eine Hoffnung uns zum Aushalten aufforderte. Große Propheten erschienen: der große Zaratustra 3) . der große Mani (4) der große Buddha, der weise Konfuzius der tiefsinnige Laotse (5) ....

Ein Fensterchen zur Rettung hatte sich aufgetan. Die Götter hatten, zu unserer Befreiung aus Not und Sklaverei, ihre rettenden Propheten ausgerüstet, damit sie Glauben und Verehrung anstelle von Unterdrückung und Sklaverei setzten.

Aber Bruder! Diese von Göttern Aufgerufenen kamen aus dem Reich ihrer Berufung hernieder, und ohne jegliche Rücksicht auf uns, ohne jeglichen Namen und ohne jegliche Erwähnung von uns zogen sie des Weges zu irgendeinem Palast und Schloss.

Der weise Konfuzius, der uns so glaubhaft von der Gesellschaft und dem Menschen zu sprechen schien, ging, wie wir sahen, zum Ministeramt der Grafschaft Lu und wurde zum Vertrauten der Prinzen von China.

Und Buddha, der selbst ein großer Fürstensohn aus Benares war, hielt sich von uns fern und ersann in seinem Inneren, um ins Nirwana zu gelangen, von dem ich nichts weiß. Wo es liegt. Große Askesen und große Gedanken.

Und Zaratustra wurde in Aserbeidschan (6) berufen; ohne das er zu uns Ausgepeitschten und Leidvollen der Höhlen - eine Höhle war das Grab

von Tausenden von Brüdern - ein Wort sagte; eilte er nach Balch (7) und hielt sich im Wohlergehen an Wischtaspas (8) Hof von uns fern.

Und Mani sprach vom Licht und rannte zur Finsternis; er flüsterte vom Licht in Ohr das von uns Gefangenen der Finsternis der Tyrannei. Wir sagten: „Nun ist er es, der unsere Rettung ausruft." Er aber wickelte sein helles Wort in ein Buch, schenkte es Schapur, dem Sasaniden (9) und hielt bei der Krönung die Predigt: sein ganzer Ruhm bestand darin, das er in Schapurs Gefolge Ceylon (10) , Indien und Balch durchreiste. Auf diese Weise zerbrach er uns dann und besang unseren Zusammenbruch: „Wer unterliegt, stammt aus dem Wesen der Finsternis und wer siegt, aus dem des Lichtes". Und ist es nicht so, das wir die ständig Unterliegenden im Laufe der Geschichte sind?

Bruder! Du wurdest ein Opfer fieser großen Bauten über den Gräbern und ich ein Opfer dieser gewaltigen Paläste.

Und plötzlich bemerkte ich, das an der Seite der Pharaonen und Gharunen (11), die uns in die Sklaverei aufkauften und zur Frontarbeit schleppten, noch andere unter den Namen „Nachfolger dieser Propheten" auftauchten: die offiziellen Geistlichen.

Von Palästina bis Iran, Ägypten und China, egal, bis überall dort, wo es Gesellschaft und Kultur gibt, mussten wir neben diesen Pyramiden und großen Palästen Steine schleppen, um prächtige Tempel zu bauen.

Und dann warfen uns die, die das Prophetentum beanspruchten, und ihre Nachfolger in weitere Fesseln, plünderten uns erneut unter dem Namen Zakat- Armensteuer, Almosen für die Armen- aus und schickten uns unter dem Namen Djehat- Heiliger Krieg für den Glauben- für die Religion auf andere Schauplätze. So weit gingen sie, das sie uns zwangen, vor diesen Göttern auf den Opferaltären der Tempel und neben den Götzen unserer Kinder zu opfern.

Du weißt nicht, Bruder, das alle Gebetstätten vom Blute unserer unschuldigen Kindern getränkt sind. Tausende von Jahren errichteten wir unglücklicher als du und dein Schicksal Gräber, Paläste und Tempel. Und die Götter, neben den Pharaonen und Gharunen und ihre Vertreter erdrückten uns erneut.

Drei Fünftel allen Bodens von Iran nahmen Mubads (12) Gottes und Ahuras(13) (!) uns fort und wir waren für sie Untertanen, Sklaven und

Serven. Und vier Fünftel des ganzen Frankenlandes nehmen die christlichen Priester uns fort.

Für die Tempel leisteten wir Frontarbeit, all die gewaltigen Paläste Roms und mächtigen Tempels Chinas bauten wir und starben.

Der Sieg gehörte den Mubads, den Priestern, den Geistlichen der Religionen, den Pharaonen und Gharunen. Und ich, der ich Tausende von Jahren nach dir lebte und den Tod all meiner Brüder und Artgenossen sah, empfand, das auch die Götter gegen die Sklaven gehässig und diese Kulte für unsere Sklaverei eine weitere Fessel sind und das auch die Mubads und Priester und Geistlichen der Religionen ein weiteres Werkzeug sind zur Festigung dieser Paläste und Gräber und zur Zurechtlegung dieser Ordnung.

Darauf, wie weise Männer und große Gelehrte, die besser als wir denken und verstehen (!), Männer wie Aristoteles, es behaupten, das manche Sklaverei und eine Gruppe für Herrentum geschaffen seien von denen, die zu dieser Welt kommen, wurde mir klar, das wir zur Sklaverei auf die Welt gekommen sind und außer diesem kein Los haben und das unsere vorbestimmtes Schicksal Lastentragen und Hinnehmen von Tyrannei sei, ausgepeitscht, verachtet, entehrt und versklavt zu werden und außer diesem nichts.

Aber Bruder, plötzlich erfuhren wir, das ein Mann aus den Bergen herabgekommen sei und neben einem Tempel gerufen habe:

„Ich bin im Auftrage Gottes gekommen!"

Und mich erschauderte es von neuem: wieder ein neuer Betrug für neue Unterdrückung. Als er zu reden begann, glaubte ich es nicht:

„Ich bin im Auftrage Gottes gekommen und es ist sein Wille, allen Sklaven und Armen der Welt Gnade zu erweisen und sie zu Führern der Welt und zu Erben der Erde einzusetzen!"

Wunderlich! Wie geht es zu, das Gott mit Sklaven und Armen redet und ihnen Rettungsbotschaften, frohe Nachricht, Führung und Erbfolge auf der Erde zukommen lässt?

Ich glaube es nicht, ich sagte: „Auch er ist wie die anderen Propheten in Iran, China und Indien... ein Fürstensohn, der zum Prophetentum auserwählt worden ist, um eines Mächtigen Bundesgenosse zu werden und eine neue Macht zu schaffen".

Man sagte: „Nein, ein Waisenkind ist er gewesen und alle haben ihn gesehen, wie er hinter eben diesen Bergen Schafe gehütet hat."

Ich sagte; „Seltsam! Wie geht es zu, das Gott seine Gesandten unter den Hirten ausgewählt hat?"

Man sagte:" Er ist das letzte Glied der Hirtenkette; all seine Vorgänger, die Propheten, waren Hirten."

Vor Begeisterung oder einer unaussprechlichen Erregung erzitterte ich: zum ersten Mal hat sich aus unserer Mitte ein Prophet erhoben!

Ich schenkte ihm Glauben, denn ich sah alle meine Brüder um ihn versammelt: Belal (14) ein als Sklave geborener Sklave, ein Fremdling aus Abessinien: Salman (15), ein Heimatloser, zum Sklaven Eingefangener aus Iran: Abu Zar (16) , ein Armer, Notleidender, Namensloser aus der Wüste: Salem, ein Diener der Gattin Hoseifas(17), dieser minderwertige Fremde, schwarzhäutiger Sklave. Zum Führer all dieser Gefährten ist nun er geworden.

Ich vertraute und glaubte, weil sein „Palast" aus einigen Räumen aus Lehm bestand, weil er zumal selbst mitgeholfen hatte, Lehm und Erde heranzuschaffen und weil sein Hof und Thron ein Holzbrett, überhäuft von Dattelblätter war.

Dies war all seine Pracht und der ganze Druck, den er den Leuten zum Bau seines Hauses auferlegte! Solange er lebte, war er so, und so starb er.

Ich kam aus Iran, aus der zazatustrischen Priesterordnung der großen Familien, die uns ohne Unterlass für Krieg und Gewalttaten in Sklaverei schleppten; ich flüchtete, kam in seine Stadt und lebte unter den Sklaven, Heimatlosen und Schutzlosen der Welt mit ihm, bis seine Augenlieder in der Schwere des Todes unseren Sonnenglanz verhüllten.

Und Bruder! Plötzlich sah ich, das wiederum gewaltige und prunktvolle Gebetstätenn in seinem Namen in die Höhe ragten und das Schwerter, auf ihnen Verse des Glaubenskrieges, gegen uns gezückt wurden. Wiederum füllten sich Schatzhäuser mit den Gewinn aus unserer Ausplünderung durch die Hand der Tyrannei. Und die Vertreter auch dieses Mannes drangen in unserer Dörfer ein, schleppten unserer jungen Männer in die Sklaverei der Vertreter und Führer ihrer Stämme fort, verkauften unsere Mütter und auf entfernte Markten, töteten unsere

Männer unter dem Namen „Glaubenskrieg für Gott", und raubten all unser Habe unter dem Namen „Zakat".

Hoffnungslos wurde ich, denn was konnte ich machen Bruder?

Eine Macht war zustande gekommen, die unter dem Mantel der göttlichen Einheit die gleichen Götzen verborgen hielt und im Tempel und in der Gebetstätte Gottes diese Feuer des Betruges entzündet hatte. Und wiederum schlugen dieselben Gesichter der Gharunen und Pharaonen, die du gut kennst, Bruder, und die Gesichter der falschen Jünger, Helfer und Helfershelfer der Gharunen und Pharaonen, unter dem Namen „Gottes- und Prophetenstellvertretung" auf den Geist der Menschheit und auf unsere Körper diesmal die Peitsche des religiösen Gesetzes. Wir fielen abermals in Sklaverei, um die große Moschee von Damaskus zu errichten.

Wiederum entstanden große Kämpfe, es erhoben sich prächtige Heiligtümer, gewaltige Schlösser, der Grüne Palast von Damaskus und das Kalifenschloss von „Tausend und eine Nacht" in Bagdad zu dem Preis unseres Bluts und Lebens. Und dies Mal im Namen Gottes.

Nun glaubten wir endgültig, es gäbe keinen Weg der Rettung und unser endgültiges Schicksal sei es, versklavt und geopfert zu werden.

Wer war jener Mann? Verbarg er in seiner Botschaft den Betrug an uns? Oder sind wir, ich und er, jener Prophet, also wir beide, geopfert worden in diesem System, in dessen Gefängniszellen wir jetzt verfaulen und unter dem all unsere Brüder geschlachtet und unsere Felder und unser Dasein und Geschick ausgeplündert worden sind?

Ich weiß es nicht und abermals gab es keinen Ausweg vor mir. Wohin soll ich mich wenden? Zu meinen Mubads? Wie konnte ich zurückkehren zu den Tempeln, die immer Helfer und Helfershelfer der Macht und des Betruges waren?

Zu den Führern und denen, die die Forderung nach Freiheit meiner Nationalität erhoben? Diese waren all diejenigen, die unter der Herrschaft der neuen Umgestaltung ihre familiäre Macht in Chorasan (18), Sistan(19) und Gorgan (20) verloren hatten und nun für die Wiedererlangung der Familien- Herrschaft und die Erneuerung der Ordnung aus der Zeit der Djahily- Zeit der Unwissenheit, des Heidentums- kämpften.

Zu den Moscheen? Welchen Unterschied gab es zwischen diesen Moscheen und jenen Tempeln?

Plötzlich sah ich, Bruder, das die Schwerter, auf deren Klingen Verse des Glaubenskrieges eingeprägt waren, und die Türme, die den Azan (21) der göttlichen Einheit verkündeten und die heiligen Gesichter, die unter dem Namen „Stellvertretung" und „Führerschaft" und „Fortführung des Gesetzes jenes Propheten" tätig waren und uns für Sklaverei und Morden ergriffen hatten, - das alle diese früher als mich jemand anderen zum unterdrückten Opfer dieser Schwerter und Heiligtümer gemacht hatte: Ali.(22)

Bruder! Ali war ein Verwandter jenes Propheten und wurde in der Gebetsnische des Betens zu Gott getötet. Er vor mir und seine Familie wurde früher als meine und früher als die Schar Sklaven und Unterdrückten der Geschichte vernichtet. Sein Haus wurde früher als unser Haus unter dem Namen - „Gesetz von Dejhat und Zakat" ausgeplündert.

Und der Koran, noch bevor er ein Mittel zu meiner neuen Ausnutzung, Vernichtung, Frontarbeit und Sklaverei wird, wurde auf Lanzen aufgespießt und brach Ali zusammen.

Erstaunlich! So fand ich also nach fünftausend Jahren einen Mann, der von Gott sprach, aber nicht für die Herren, für die Sklaven ein Gebet erhob. Er war kein solcher Mann, der ins Nirwana gelangen wollte, nicht wie ein Mönch . die die Menschen betrügen und nicht wie ein Weltentsagter, die sich selbst zu Gott erheben wollen,- ein Gebet vor Gott, im Verlangen nach Rettung für die Menschen.

Ich fand einen Mann, einen Kämpfer für Gott, einen Mann der ihr erstes Opfer sein eigener Bruder war, ein Mann , dessen Gattin, die seine Gefährtin war und zugleich die Tochter des Propheten, wie meine Schwester arbeitete, sich abmühte, wie wir Entberungen und Hunger am eigenen Leibe erlitt und erleidet, Bruder!

Ich fand einen Mann, dessen Tochter und Sohn Erbe einer blutroten Fahne waren, die im Laufe der Geschichte in unseren Händen und in den Händen unserer Führer war. So habe ich denn nach fünftausend Jahren Schutz gesucht aus Furcht vor jenen Tempel, die du kennst und ich, vor jenen gewaltigen Bauten, deren Opfer du wurdest und ich, vor jenen schrecklichen Mächten, um die du weißt und ich, - habe Schutz gesucht neben dieser lehmigen , verlassenen und stillen Hütte. Die Gefährten des Propheten haben sich aus der Umgebung des Hauses

zurückgezogen und er ist alleine, seine Gattin hat den Tod erlitten und er selber vertraut im Palmenhain der Bani Naddjar all meine und deine Qualen und Leiden seinem Gott an. Und ich suche aus Angst vor jenen schrecklichen Tempeln und furchterregenden Palästen und vor jenen Schatzhäusern, die alle mit unserem Blut und Leid errichtet wurden, bei dieser Hütte Schutz, lehne mein Haupt an die Tür dieser verlassenen Hütte und weine das Leid der Jahrhunderte aus.

Bruder! Er und alle die, die ihm Treue hielten, waren aus unserer gepeinigten Familie und aus unserem gepeinigten Stamm. Er machte zum ersten Mal von der Schönheit der Sprache nicht zur Rechtfertigung unserer Entbehrung und für das Wohlergehen der Mächtigen, sondern zu unserer Rettung und Aufklärung Gebrauch. Er redet besser als Demostenes, aber nicht für Erlangung seines eigenen Rechtes, er redet besser als Bossuet, der Redner, aber nicht an Lois'Hof, sondern an der Spitze der Unterdrückten. Sein Schrei richtet sich an die Machthaber. Überall hat er sein Schwert geschwungen, aber nicht zu seiner, seiner Familie, seines Stammes und seines Volkes Verteidigung und nicht für die Verteidigung großer Mächte, sondern besser als Spartakus und herzhafter als er für unsere Rettung.

Er denkt besser als Sokrates, aber nicht für den Nachweis der moralischen Vorzüge einer Aristokratie, die die Sklaven nicht besitzen, sondern für den Nachweis von menschlichen Werten, die bei uns stärker vorhanden sind. Denn er ist nicht Erbe der Gharunen, Pharaonen und Mubads. Er selber hat kein Heiligtum und keine Moschee. Er ist Opfer in der Gebetsnische.

Es ist das Sinnbild der Gerechtigkeit und Besonnenheit. Aber nicht im Winkel, von Bibliotheken, Schulen und Akademien und nicht in der Reihe von Gelehrten, frisch und sauber in der Wandnische sitzend, die vor lauter tiefem Nachdenken vom Geschick der Leute, der Mühe des Volkes und dem Hunger der Massen keine Ahnung haben. Wie seine Gedanken in Himmelshöhen schweben, erschüttert gleichwohl seinen ganzen Körper das Weinen eines Waisenkindes.

Wie er in der Nische der Gebetsstätte die Qual des Körpers und den

Stich des Dolches vergisst, ruft er gleichwohl wegen der Ungerechtigkeit,

die einer Jüdin angetan wurde, aus:

„ Sollte einer vor dieser Schande sterben, so wäre ihm kein Vorwurf zu

machen".

Bruder, er ist ein Mann der Poesie und der Schönheit des Wortes. Aber nicht wie das Schahname(23) das in seinen sechzigtausend Versen

einmal, nur ein einziges Mal von unserem Stamm und von einem unserer Brüder, nämlich Kaweh (24) spricht. Von einem Schmied, der, wie bekannt war, aus unserer Familie stammte und für Freiheit, Erhebung und Befreiung der Leute und des Volkes die Verantwortung übernahm. Aber kaum hatte er sich erhoben, dieser einzige Held unseres Stammes, der in das Schahname Eingang fand, so verschwindet er.

Wohin? Warum?

Weil die Abstammung der Familie des Feridun (25) zu glänzen begonnen hat. Das ist der Grund dafür, das im ganzen Schahname nur in einigen Zeilen von ihm die Rede ist.

Jetzt, Bruder, leben wir in einem Zustand und in einer Gesellschaftsepoche, wo wir ihn wieder nötig haben, ich meine Stammes und Klassengenossen.

Er ist ein Mann aller Dimensionen der Menschlichkeit, im Gegensatz zu anderen Genies und Denkern, die, wenn sie Genies sind, keine Menschen der Tat sind und wenn sie Tatmenschen sind, keine Menschen des Denkens und des Verstehens sind, wenn sie aber beides sind, keine Menschen des Schwertes und des Kampfes für Gott sind, wenn sie jedoch alle drei Eigenschaften haben, keine Menschen der Frömmigkeit und der Reinheit sind, wenn sie aber diese vier Eigenschaften besitzen, keine Menschen der Liebe, des Gefühls und der Sensibilität sind, und wenn sie dies alles sind, Gott nicht kennen, sich selber in ihrem Glauben nicht verlieren und selbstherrlich bleiben. Er arbeitet wie ein Araber, wie ich und du und mit den gleichen Händen, die erhabene göttliche Zeilen zu Papier bringen, packt er in die Erde hinein, gräbt einen Brunnen, baut einen unterirdischen Bewässerungskanal und leitet das Wasser in die Wüste.

Wirklich, ein Arbeiter, aber nicht im Dienst von diesem oder jenem, und nicht im eigenen Dienste. Im Inneren des Wasserkanals ruft er plötzlich: „Zieht mich hoch!" und als sie ihn aus dem Wasserkanal in die Höhe ziehen, sind sein Kopf und sein Gesicht lehmbeschmiert, Wasser spritzt auf, und in dieser glühenden Salzwüste nahe Medina fließt ein Bach. Die Bani Haschem (26) freuen sich, aber im gleichen Atemzug sagt er:

„rufe an meine Erben, das sie von diesem Wasser keinen Tropfen Anteil haben!"

Denn das Vermächtnis hat er dir und mir gemacht, Bruder!

Jetzt bedürfen wir seiner und es besteht eine Not nach solch einem Führer wie ihm; denn alle Zivilisationen und Kulturen und Religionen haben die Menschen entweder zu Konsumtieren gemacht, oder zu einem betenden, nach innen gekehrten, individualistischen Tier , in der Nische des Betens und der Geistlichkeit; oder zu Menschen des Nachdenkens, Überlegens und Verstandes, aber ohne Gefühle, ohne Herz, ohne Tiefe, ohne Liebe, oder zu Menschen der Gefühle, der Liebe, der Inspiration, aber ohne Verstand, ohne Nachdenken, ohne Wissenschaft und Logik.

Und er ist der Mann aller dieser Dimensionen. Der Gott der Anstrengung, Mühe und Arbeit; der Gott des Redens; der Gott des Glaubenskampfes; der Gott der reinen Ergebenheit; der Gott des Treuehaltens; der Gott des Leidens; der Gott des Schweigens; der Gott des Aufschreies; der Gott der Gerechtigkeit.

Jetzt, Bruder, befinde ich mich in einer Gesellschaft, in der der Feind mir gegenüber in einem gewaltigen System über die ganze Welt herrscht und meine Generation für ein neues Sklaventum von innen heraus herstellt.

Anscheinend leisten wir nunmehr für niemanden Frontarbeit, wir sind frei geworden, die Sklaverei ist abgetan. Aber wir sind zu einer Sklaverei, schlimmer als dein Schicksal, verurteilt. Man hat unser Willen ausgeliefert und man hat uns zu einer Knechtschaft mit scheinbarer Freiheit erzogen. Man hat mit der Macht der Wissenschaft, der Soziologie, der Kunst und Kultur, der sexuellen Freiheiten, der Konsumfreiheit, der Liebe zum Lebensgenuss und mit dem Individualismus aus unserem Innern und unseren Herzen den Glauben an das Ziel, die menschliche Verantwortung und das Vertrauen auf seine- Alis- Ideologie verwischt.

Nun, Bruder, sind wir vor diesen mächtigen Systemen zu leeren schönen Gefäßen geworden, die all das, was sie herstellen, hineinschlucken.

Jetzt werden wir unter dem Namen „Partei", unter dem Namen „Blut", unter dem Namen „Land" und unter seinem eigenen - Alis- Namen - im Gegensatz zu ihm- zerstückelt, damit jeder Teil von uns ein Happen Süßigkeit für ihre Schlünde sei, - Zerstückelung, Zerstückelung!

Seine und seiner Ideologie Anhänger hat man gegeneinander aufgehetzt, einer ist der Feind des anderen. Warum übt der eine in

einem solchen Schicksal, das die Welt und uns beherrscht, gegen den anderen Feindschaft aus?

Weil dieser mit geschlossener Hand betet(27) und jener auf diesen gehässig ist, weil jener mit offener Hand das Gebet verrichtet. Dieser ist, jenem feind, weil er keinen Gebetsstein hat und seine Stirn auf bloßen Teppich legt und jener ist zu diesem gehässig, weil dieser die Stirn auf einen Gebetsstein legt(28).

Die Kämpfe, Feindseeligkeiten und Fronten hat man bis zu diesem Ausmaß verhärtet und man hat unsere Intellektuellen in andere Länder vertrieben und selber die Gestalt des Hirten angenommen.

Bruder, leicht erkanntest du deine Herren, spürtest den Schmerz des Peitschenschlages auf dir und wusstest, das du Sklave bist, warum du Sklave bist , wann du Sklave wurdest und wer dich zum Sklaven gemacht hatte. Wir leben nun mit dem gleichen Schicksal wie du, ohne das wir wissen, wer uns in die Sklaverei dieses Jahrhunderts geworfen hat, von woher wir ausgeplündert werden und auf welche Weise wir der Kapitulation und Weltknechtschaft anheimgefallen sind.

Auch jetzt schleppt man uns wie Tiere nicht nur in die Sklaverei, sondern auch zur Ausbeutung. Mehr als in deinem Zeitalter und mehr als deine Generation werfen wir Profit ab. All diese Mächte, Kaitalien, Systemen, Maschinen, große Paläste der Welt, all diese gewaltigen Kapitalquellen und Produktionsreichtümer halten wir mit Haut und Fleisch, Blt, Qual, Verwirrung und Entbehrung in Gang und unser Anteil beträgt nur soviel, das wir die Arbeit des nächsten Tages verrichten können.

Mehr als in deinem Zeitalter tragen wir Entbehrungen und Gewalt und Klassendiskriminierung und Unterdrückung sind stärker als zu deiner Zeit, aber in neuem Gewand und mit neuer Ausschmückung.

Bruder! Ali setzte sein ganzes Leben unter diese drei Worte:

Dreiundzwanzig Jahre lang Verkörperung von Bemühung, Lebenseinsatz und Glaubenskrieg- gemeinsam mit dem Propheten- für die Schaffung eines Glaubens im Inneren von verstreuten, wilden Menschen, und fünfundzwanzig Jahre lang- vom Hinscheiden des Propheten bis zur Übernahme des Kalifats- Schweigen und Aushalten für die Bewahrung der Einheit der Muslime den römischen und iranischen Imperien gegenüber und dann - während des Kalifats- fünf Jahre lang Anstrengung und Bemühung für die Errichtung von

Gerechtigkeit und dafür, das er all unseren Groll und all unsere Gehässigkeiten mit eigenem Schwert ausmerze und uns befreie.

Er konnte es nicht, er konnte es nicht! Aber er konnte die Religion, die Führerschaft und die Herrschaft für immer mir und uns, Bruder, mitteilen. Die Religion der Gerechtigkeit, die Religion der Führerschaft des Volkes und drei Lösungsworte setzte er ein, die sein ganzes eigenes und seiner Familie Leben zu Opfern dieser drei Worte machten:

Lehre, Einheit, Gerechtigkeit

Worterklärungen:

1)  Der Geburtsort des Verfassers ist Masinan, ein Salzwüstendorf der Provinz Chorasan im Nordosten Irans. Das Wasser dort ist salzig und ungenießbar, die Bewohner besitzen Felder und Viehherden.

2)  Unter „uns" versteht der Verfasser hier und an anderer sinnentsprechenden             Stellen             die             ausgebeutete Gesellschaftsschicht, mit der er sich solidarisch fühlt. Er spricht deshalb auch bisweilen in der ersten Person.

3)  Zaratustra ist der Prophet einer alten iranischen Religion, er lebte um 600v. Chr.. Seine religiösen Schriften tragen den Titel „Awesta". Noch heute gibt es in Iran und Indien Anhänger seiner Religion.

4)  Mani, 217n. Chr. geboren, war ein berühmter iranischer Prophet, ein Maler, der im Alter von 25 Jahren den Anspruch erhob, Prophet zu sein. Seine Religion ist eine Mischung der religiösen Anschauungen des Christentum, der zaratustrischen Religion, des Buddhismus, der Gnostizismus und andere vorangegangener religiöser Überzeugungen. Sein Kult stellt sich mit der Grundlage von Askese, Weltflucht und Befreiung vom Körper, den er für unrein hält, auf die zwei Prinzipien Finsternis und Licht. Gott, der Gewaltige, ist nach dieser Ansicht zweiteilig, er besteht aus Licht und Finsternis. Die Welt des Lichtes besitzt alle guten Eigenschaften, die Welt der Finsternis besteht aus Unordnung und Niederträchtigkeit. Diese Religion sieht den endgültigen Sieg des Lichtes als eine Zeit an, in der alle Seelen, die dem Licht angehören, von allen Körpern, die der Finsternis angehören, getrennt werden und Erlösung finden. Dann wird der Gott des Lichtes zu ewiger Herrschaft gelangen und über die Finsternis

siegen. Die bekannteste Schrift der Religion Manis trägt den Titel „Schapuregan". Die Religion Manis fand weite Verbreitung; ihre Spuren reichen bis ins 15. Jahrhundert n. Chr. ... Im Jahre 277 n. Chr. wurde Mani ermordet.

5)  Chinesischer Philosoph, lebte im 6. Jahrhundert v. Chr.

6)  Aserbeidschan ist die Bezeichnung zweier Provinzen (Ost und Westaserbeidschan) im Nordwesten Irans. Die Einwohner waren durch ihre Kühnheit berühmt. Ein Zentrum der Erhebung gegen das arabische Kalifat.

7)  Balch ist in der Vergangenheit ein großes berühmtes Gebiet gewesen, jetzt ist es eine kleine Stadt im Norden Afghanistans, deren einer Teil im Bereich dieses Landes und deren andere Teil auf russischen Boden liegt. Die Barmakiden, die im Machtbereich des abbasisischen Kalifats die iranische Kultur verbreiteten, stammten aus dieser Stadt. Auch Wischtaspa, Herrscher einer alten iranischen Königsdynastie und sein Sohn Lohrasb lebten dort (s.Anm.8)

8)   Wischtaspa (persisch: Goschtasb) war ein berühmter König aus einer alten iranischen Königsdynastie, der 160 (!) Jahre lang herrschte. Er nahm die Religion Zaratustras an, wurde nach dessen Tod an seine Stelle gesetzt und verbreitete seinen Glauben.

9)    Schapur war der Sohn Ardaschirs, des Gründers der Dynastie der Sasaniden (226-641 n. Chr.) in Iran. Der berühmte Herrscher kam im Jahre 241 an die Regierung, führte des öfteren mit den Römern Krieg und nahm den römischen Kaiser Valerian gefangen. Er regierte dreißig Jahre lang. Anfangs bekannte er sich zur Religion Manis, schloss sich nach einiger Zeit jedoch wieder der Religion Zaratustras an

10)  Auf dieser großen Insel im Indischen Ozean gibt es einen Berg, von dem es heißt, auf ihm sei Adam, der erste Mensch, aus dem Paradies zur Erde gelangt.

11)  Gharun war ein Vetter Moses. Er hatte eine schöne äußere Gestalt und überragte die meisten Israeliten im Auswendigwissen der Tora. Ehrgeizig und neidisch, versuchte er ständig, die Israeliten in Unruhe und Unordnung zu versetzen. Gott hatte ihm unermesslichen Reichtum geschenkt, aber er dankte es ihm nicht, er zettelte gegen Moses eine Verschwörung an und Moses verfluchte ihn. Mit diesem Fluch entstand ein heftiges Erdbeben, Gharun und seine Herden wurden von der Erde verschlungen. In der persischen Literatur ist Gharun eine Anspielung auf jemanden, der sich um das Anhäufen von Reichtum viel Mühe macht, dem aber im Unglück all sein Reichtum nicht helfen kann.

12)  Bedeutende geistliche Weise, Gelehrte und Führer der zaratrustrischen Religionen werden „Mübad" genannt.

13)  Ahura ist der alleinige Gott des zaratustrischen Glaubens, der Gott des Geistes und des Lebens, ein Wesen , das keine sichtbare Form hat, das unvergleichbar, allwissend und mit aller Macht ausgestattet ist.

14)  Belal, war ein Abessinier, er war Gebetsrufer und Kassenwart des Propheten und starb im Jahre 20 n.d.A. (nach der Auswanderung des Propheten). Er war schwarzhäutig und mit Bezug auf ihn hatte der Prophet gesagt, das es keinen Unterschied zwischen Schwarz-und Weißhäutig gibt.

15)  Der „persische Salman" war ein berühmter Gefährte des islamischen Propheten, eine bedeutende Persönlichkeit des Islam. Er war ein christlicher Sklave, der den Islam angenommen und die Freiheit erhalten hatte. Er starb zu der Zeit, als Omar, der zweite Kalif, regierte, im Jahre 36 n. d. A.

16)  Abu Zar, mit dem Beinamen „der Barmherzige", war einer von den bedeutenden Gefährten des Propheten, er starb im Jahre 36 n. d. A. Mohammad hatte seine Frömmigkeit der Frömmigkeit Jesu gleichgestellt.

17)  Einer der Gefährten und Vertrauten des Propheten, von Omar zur Führung bestimmt. Er starb im Jahre 35 n. d. A

18)  Gebiet im Nordosten Irans, seine Hauptstadt ist Maschhad. Die Kämpfe seiner Einwohner um den Sturz des arabischen Kalifats sind bekannt.

19)  Gebiet im Südosten Irans, Nachbar Afghanistans und Pakistans. Sistan hat eine ereignisreiche Geschichte, seine Einwohner waren durch ihre Tapferkeit berühmt. Yaghub (246-265 n. d. A ) der den Sturz der abbasidischen Kalifen bewirkte, stammte aus diesem Gebiet.

20)  Stadt im Norden Irans. Sie ist sehr alt und hat eine umfangreiche Geschichte.

21)  Azan bedeutet „Bekanntmachung", es ist der Ruf, mit dem der Muezzin- der Gebetsrufer- vom Minarett oder von einem anderen erhöhten Ort ohne Überdachung die Moslems dreimal am Tagmorgens, mittags und abends- zum rituellen Gebet auffordert.

22)  Um diese flüchtigen Hinweise verstehen zu können, sind einige Erklärungen nötig, die mit dem Leben Alis, des ersten Kalifen der schi'itischen Moslems, in Zusammenhang stehen. Ali ist der Vetter und Schwiegersohn des islamischen Propheten. Für die sunnitischen Moslems ist er der vierte Kalif. Er ist der erste unter den Männern, die den Islam annahmen. Als der Prophet dreißig Jahre alt war, wurde er geboren, im Haus der Kaaba in Mekka. Er war ein mutiger Mann und ein ausdrucksvoller und kluger Redner.

Von Kindheit an lebte er im Hause des Propheten und nahm an den meisten Kriegen, die Mohammad mit den Ungläubigen führte, teil. Imam Ali übernahm im Jahre 35 n. d. A. das Kalifat. Als Mu'awiya, der Herrscher in Syrien, sich gegen die Gesetze des Islam auflehnte, setzte er ihn von der Regierung ab. Mu'awiya aber fügte sich nicht, und in der Folge gab es im Jahre 37 n.d.A. zwischen den Heeren Alis und Mu'awya einen Krieg, in dem Mu'awiya, als ihm nach hundertzehn Tagen die sichere Niederlage bevorstand, eine List anwandte. Er befahl seinen Kriegern, Schriftstücke mit Koranverse an ihre Lanzenspitzen zu heften und auszurufen, das wir alle gemeinsam Moslems seien, die nach den Vorschriften des Korans leben müssen. So wurden dann zwei Männer von den beiden Parteien zu einer Verhandlung darüber, wer Kalif sein sollte, bestimmt. Der Vertreter Muawiyas wandte eine List an, und unter dem Vorwand: „Wir setzten alle beide (Ali und Mu'awiya) ab, damit Gott zwischen ihnen entscheide", forderte er zuerst von dem Vertreter Alis dessen Absetzung. Als dies geschehen war, hielt er nicht Wort, setzte nicht Mu'awiya ebenfalls ab, sondern gab ihn als Kalif bekannt. Durch diesen Wortbruch entstanden unter den Moslems viele Konflikte. Sie teilten sich in zwei Gruppen: in die Anhänger Alis und die Anhänger Mu'awiyas; eine dritte Gruppe mit dem Namen Charidschiten, die die Überzeugung von der Absetzung beider (Alis und Mu'awiyas ) vertraten, bildeten sich. Imam Ali verpflichtete sie dazu, von ihrer Überzeugung abzulassen. Als sie nicht gehorchten, ging er dazu über, sie zu bekämpfen. Obwohl er viele von ihnen tötete, ließen sie dennoch von ihrer Überzeugung nicht ab und widersetzten sich jahrelang dem Kalifat. Einer von ihnen, Ibn Moldscham, ließ Ali im Alter von 63 Jahren in der Moschee von Kufa durch einen Schwertstreich den Märtyrertod erleiden. (im Jahre 40 n. d. A.)

23)  Das Schahname ist das literarische Meisterwerk der persischen Sprache in Form seines Epos. Sein Verfasser ist Ferdousi, der sich dreißig Jahre lang (371-400) n. d. A.) seiner Dichtung widmete. Das Schahname zeichnet die geschichtlichen wertvollen Ereignisse Irans auf. Dieses gewaltige Werk umfasst drei Teile: die Sagen, die pahlawanischen Erzählungen und den geschichtlichen Teil. Das Schahname, das eines der Monumentalwerke der Weltliteratur ist, wurde in mehrere lebende Sprachen übersetzt. Ins Deutsche ist es durch folgenden Wissenschaftler übertragen worden: Gorress, A. F. Schack (1865), F. Rückert (1890-95) , Th. Noeldeke; Uta v. Witzleben (1960)

24)  Kaweh ist ein sagenhafter Held Irans. Ferdousi berichtet, das er ein Schmied war, der sich gegen die Unterdrückung des grausamen

Herrschers Sahak, des Arabers, erhob und ihn in einen Brunnenschacht auf dem Berge Demawand stürzte.

25)  Feridun ist ein sagenhafter König Irans, der mit Hilfe von Kaweh, dem Schmied, über Sahak, den Araber , siegte. Er regierte 500 (!) Jahre lang. In der persischen Literatur: Verkörperung der Macht und des Sieges.

26)  Die Bani Haschem sind ein arabischer Stamm. Dessen Angehörige im allgemeinen die Stoffbekleidung der Kaaba, die zu dieser Zeit ein großer Götzentempel der Araber war, besorgten. Der Prophet des Islam und Ali gehören diesem Stamm an.

27)  Im Unterschied zu den Sunniten stehen die Schi'iten während des rituellen Gebetes nicht mit zur Brust erhobenen Händen da, sondern lassen ihre Arme hängen, verrichten also das Gebet mit offener Hand.

28)  Im Unterschied zu den Sunniten, die beim rituellen Gebet ihre Stirn auf jeden beliebigen Untergrund legen, wenn sie sich zur Erde neigen, legen die Schi'iten die Stirn nur auf ein Tonplättchen, das die Form eines sehr kleinen Ziegels hat und das sie „Mohr" nennen, damit die Stirn mit keinen unsauberen Stoff in Berührung kommt.